Sprachauffälligkeiten im Kindesalter
Sprachentwicklungsstörungen (SES)
Wann ist ein Kind sprachauffällig?
Ein Kind ist sprachauffällig, wenn verglichen mit Altersgenossen…
- sein Sprachverständnis und/oder Wortschatz auffällig reduziert ist
- Sätze nicht richtig gebildet werden
- bestimmte Laute nicht deutlich bzw. nicht richtig ausgesprochen werden
Dazu gehört auch, dass die Zischlaute fehlerhaft gebildet werden, dass z.B. die Zunge gegen oder zwischen die Zähne gedrückt wird und das Kind insgesamt undeutlich bis unverständlich spricht.
Sprache ist die Eintrittskarte …
Aktuellen Studien zu Folge weist ein hoher Anteil der Kinder im Vorschulalter Sprachentwicklungsstörungen auf.
Sprachentwicklung beginnt bereits unmittelbar nach der Geburt des Kindes. Der Stillvorgang an der Mutterbrust sorgt für den stabilen Aufbau der Mund- und Rachenmuskulatur. Schreien trainiert die Lunge und Stimmbänder.
In den folgenden Lallphasen im Laufe des 1. Lebensjahres trainiert das Kind die Lautbildungen. Dabei bildet es zunächst sämtliche Laute, die in allen Sprachen vorkommen. In der zweiten Lallphase (ca. mit 6 Monaten) kommt es zu einer Annäherung an Lautverbindungen, der Muttersprache und zunehmend gleicht das Kind die Sprache seiner Umgebung (motherese = Mund-Kind-Interaktion) mit seiner eigenen Lautproduktion ab, bis es mit ca. 10-12 Monaten die ersten Worte sagen kann- in der Regel zuerst Papa, dann Mama. Papa wird häufig deswegen zuerst gebildet, weil die Lautfolge des Wortes für das Kind deutlicher zu unterscheiden und einfacher zu bilden ist.
In der weiteren Sprachentwicklung verwendet das Kind 2- und Mehrwortsätze und kann mit ca. zweieinhalb Jahren annähernd alle Laute sprechen.
Mit etwa 4 Jahren spricht das Kind seine Muttersprache. Es beherrscht Laute (Phonetik), die Grammatik des Satzaufbaus (Syntax), ein umfangreiches Sprachlexikon (große Anzahl von Wörtern der Muttersprache) und kann Sprache situationsbezogen richtig anwenden (Sprachpragmatik). Kinder, die zweisprachig aufwachsen, sind bei dieser Entwicklung keineswegs benachteiligt. Unter normalen Bedingungen entwickeln sich beide Sprachen als Muttersprachen
und zwar im gleichen Zeitraum.
Ist die Sprachentwicklung gestört, so können Einzelbereiche, z. B. die Lautentwicklung oder mehrere Sprachebenen (Satzbildung), Sprachumfang oder die Anwendung der Sprache betroffen sein. Sprachstörungen treten darüber hinaus kaum isoliert auf, sondern beeinflussen bei Fortbestand maßgeblich auch die kognitive und emotionale Entwicklung der Kinder.
Lesen und Schreiben (Schriftspracherwerb) als besondere Formen des Spracherwerbs sind wie die Lautsprache zentrale Kulturtechniken, die zur Informationsbeschaffung und zur Kommunikation über zeitliche und räumliche Distanzen hinweg genutzt werden können. Im Zeitalter der zunehmenden Computernutzung verliert die Schriftsprache keineswegs an Bedeutung, vielmehr sind kompetente Lesefertigkeiten zentrale Voraussetzung für den Zugriff auf globale Informationsnetze (Internet etc.). Schwierigkeiten beim Erwerb dieser Kulturtechniken stellen eine wesentliche Beeinträchtigung für die Entwicklung eines Kindes dar. Diese Lese- und/oder Rechtschreibstörung (im Folgenden kurz als LRS bezeichnet) ist laut WHO eine der häufigsten spezifischen Entwicklungsstörungen (ICD-10). Ohne entsprechende Behandlung bleibt diese Störung bis ins Erwachsenenalter bestehen und erschwert die Integration in die Berufswelt.
Kinder erlernen Sprache und Sprechen vor allem über die Kommunikation mit anderen Kindern und Erwachsenen. Jedes Kind geht in dieser Entwicklung eigene Wege und manchmal auch Umwege.
Wann ist eine logopädische Therapie sinnvoll?
Wenn ein Kind zum Beispiel...
- einzelne Buchstaben oder Wörter nicht aussprechen kann
sule statt Schule
tomm statt komm
nane statt Banane - die passenden Wörter nicht weiß
Kuh – für alle großen vierbeinigen Tiere
das da – für alle Dinge, die es gern haben möchte - die Reihenfolge der Wörter vertauscht, oder Wörter nicht richtig bildet
Ich auch gleich essen gehe.
Alle Kinder kommt gleich. - oft nicht versteht, was Sie ihm sagen
Sie häufig zeigen müssen, was Sie meinen (hol bitte die Jacke, mach die Tür auf…) - Wörter oder Silben wiederholt
dann dann dann gehe ich nach draußen
u u u und es regnet jetzt
- einzelne Buchstaben oder Wörter nicht aussprechen kann
Wenn im Bereich der Sprache und des Sprechens...
- das Sprachverständnis eingeschränkt ist
- der Wortschatz des Kindes eingeschränkt ist
- das Kind die passenden Wörter häufig nicht findet
- Laute falsch oder gar nicht gebildet werden
- das Sprechen insgesamt verwaschen ist
- Sätze nicht richtig gebildet werden
- das Kind stottert oder poltert
- das Kind nur mit vereinzelten Leuten oder nur in vertrauter häuslicher Umgebung spricht
Wenn es Probleme mit der Stimme gibt...
- das Kind häufig heiser ist
- das Kind sich häufig räuspert
- der Stimmklang nasal ist
Wenn Probleme im HNO-Bereich vorliegen...
- das Kind durch den Mund atmet, der Mund häufig leicht oder weit geöffnet ist
- die Atemwege verengt sind
- das Kind unter Asthma leidet
- häufig Erkältungen vorliegen
- das Kind eine Hörminderung, Schwerhörigkeit oder Taubheit hat
- das Kind geräuschempfindlich ist
- häufiger Mittelohrentzündungen auftreten
- das Kind schnarcht oder Atemaussätzer hat
Wenn das Essen, Trinken und Schlucken beeinträchtigt sind...
- das Schlucken Ihres Kindes gestört ist
- das Kind sich häufig verschluckt
- das Kind nicht kauen kann
- nur weiche Nahrung gegessen werden kann
- festere Nahrung wie z.B. Fleisch vermieden, verweigert wird
- Speichelfluss
- Lähmungen im Mund-/ Gesichtsbereich vorliegen
Wenn Auffälligkeiten im Zahn- und/oder Kieferbereich vorliegen...
- Zahn- und/oder Bissfehlstellungen vorliegen
- das Kind mit den Zähnen knirscht
Was passiert in einer logopädischen Therapie?
Kooperation: Therapeut – Eltern – Erzieher!
Zu Beginn der Therapie findet eine ausführliche Diagnostik der Sprachentwicklung des Kindes statt.
Die Sprachtherapie unterstützt die sprachliche Entwicklung des Kindes und fördert sie im Hinblick auf noch bestehende Schwächen und Unsicherheiten.
Elternberatung und Elterntraining
Schwerpunkte:
- wie kann ich mein Kind im häuslichen Umfeld unterstützen
- welche Grundsätze müssen beachtet werden
- Ursachen der verzögerten Sprachentwicklung
- sprachförderliche Grundhaltung
- Optimierung des Sprachangebotes in Alltagssituationen
Ergänzend findet ein Austausch mit den Erzieher/innnen in der der Kita statt.
- Optimierung der Unterstützung im Kita Alltag durch Erzieher
Die Sprachtherapie unterstützt die sprachliche Entwicklung des Kindes und fördert sie im Hinblick auf die noch bestehenden Schwächen und Unsicherheiten.
Förderung in der Einzelsituation mit folgenden Schwerpunkten:
- Wortschatz
- Syntax, Semantik
- Sprachverständnis/ Kommunikationsverhalten
- Wahrnehmungsleistungen, u.a. phonologische Bewusstheit
- ein gezieltes Antizipationstraining bebzogen auf die fehlgebildeten Laute – erst isoliert, dann auf Silben- und Wortebene und schließlich im Sprachkontext
- Konzentration/ Arbeitshaltung
- Mundmotorik und die Bewegungsmuster beim Essen und Trinken
- Atmung
- Stimmeinsatz/ – klang
Was ist das Ziel einer logopädischen Therapie?
Förderung von Sprachentwicklungsstörungen in folgenden Bereichen:
- Phonologie (Störungen der Aussprache)
- Lexikon/ Semantik (Störungen der Bedeutung von Sprache und des Wortschatzes)
- Syntax/ Morphologie (Störungen der Grammatik bzw. der Satzbildung u.s.w.)
- Sprachverständnis (Verstehen von Handlungszusammenhängen und altersgerechten Aufgabenstellungen)
- Wahrnehmungsleistungen im Bereich des Hörens, des Sehens, des Fühlens, des Riechens und des Schmeckens
- Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit
- orofaziale Funktionen, die verantwortlich sind für die Abläufe bzw. die muskulären Bewegungsmuster sowohl beim Sprechen als auch beim Atmen und beim Essen und Trinken
- Atmung, Anbahnung von gesunder Nasenatmung und Sprechatmung
Die Harmonisierung der Bewegungsabläufe beim Atmen und Essen und Trinken tragen dazu bei, dass die Kinder weniger Erkältungskrankheiten und ein besseres Essverhalten haben – Dies reguliert nicht nur die Verdauung, sondern hilft u.a. auch das Körpergewicht zu kontrollieren.
Sprachförderung zur Verbesserung der Interaktionsfähigkeiten des Kindes
passendes Sprachangebot bieten:
- deutlich und korrekt sprechen
- Handlungen in Worte fassen
- unbekannte Wörter kurz und bündig erklären
- wiederholen
Sprachproduktion fördern:
- das Kind erzählen lassen
- jeden an die Reihe kommen lassen
- Raum geben
- Zuhörreaktionen geben
- unterschiedliche Fragen stellen
- herausfordernde Behauptungen aufstellen
Feedback geben:
- implizit verbessern oder „neu formulieren“
- ordnen und zusammenfassen
- wiederholen und das Wort weitergeben
Wer trägt die Kosten für die Therapie?
Die Kosten für die logopädische Untersuchung und Therapie werden von der Krankenkasse übernommen.
Eine Verordnung für die logopädische Behandlung vom Kinder-, Zahn- oder Hals-Nasen-Ohren-Arztes ist ausreichend!